Herr Menzel, vor acht Jahren haben Sie die Geschäftsführung im Tourismusverband Fläming e.V. übernommen. Was hat sich seitdem verändert?
Daniel Sebastian Menzel: Wir merken, dass unser Markenprozess, den wir 2015 gestartet haben, sichtbar Früchte trägt. Die Marke der kreativen und kooperationsfreudigen Reiseregion Fläming kommt nicht nur bei unseren Gästen, sondern auch in den Kommunen, Betrieben und bei den Menschen in der Region an. Eine starke Marke verschafft Sichtbarkeit, Identifikation sowie Wiedererkennung und Einzigartigkeit. Jetzt kann man sagen: Die Marke hat laufen gelernt und es geht weiter voran.
Wie stärken Sie die Marke?
Daniel Sebastian Menzel: Sie ist unser Kern. Alles, was wir machen, zahlt auf sie ein: Marketingaktionen, PR-Reisen und Außenwerbung sowie Projekte, die sich nach innen richten. Zum Beispiel gibt es die regionale Instagram-Maßnahme #flämingbotschafter, bei der Einheimische authentisch von ihren Lieblingsorten auf Social Media berichten. Oder den Crowdfunding-Wettbewerb FlämingSchmiede, der die touristische Angebotsentwicklung und später als Kreativnetzwerk die Netzwerkarbeit stark vorangebracht hat. Wir beschäftigen uns stets intensiv mit Innovationen und Zukunftsorientierung für die Reiseregion. Insofern sind wir da schon auf einem guten Weg und konnten unsere Position als Verband festigen.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für den Tourismus in der Reiseregion Fläming?
Daniel Sebastian Menzel: 2019 war gemessen an den Übernachtungszahlen ein Rekordjahr. Aktuell warten wir noch auf die Dezemberwerte aus 2022 – es zeichnet sich ab, dass wir in der Statistik für 2022 an die Werte aus 2019 anknüpfen werden. Das bedeutet: Die Nachfrage an unserer Region ist groß und steigt. Eine Destination wie unsere kann nur erfolgreich sein, wenn das entsprechende Personal da ist. Der Arbeits- und Fachkräftemangel ist an uns natürlich nicht vorbeigezogen. Deswegen setzen wir auch hier auf die Entwicklung von innen heraus. 2023 werden wir gemeinsam mit den touristischen Betrieben im Fläming eine Art Arbeitgebermarke für die ganze Region entwickeln, um flächendeckend Personal für die Reiseregion Fläming zu gewinnen.
Eine Region als Arbeitgebermarke? Hat das schon jemand gemacht?
Daniel Sebastian Menzel: Wir wissen von keinem vergleichbaren Projekt in der deutschen Tourismuslandschaft. Wir finden aber: Wir sind als Destination in der Pflicht, unseren Beitrag zum Thema Arbeits- und Fachkräftegewinnung zu leisten. Das sollen die Betriebe nach den kräftezehrenden Coronajahren gar nicht im Alleingang schaffen.
Damit solche Vorhaben gelingen: Wie arbeitet der Verband mit Kommunen, Politik und anderen Partnern zusammen?
Daniel Sebastian Menzel: Kommunen sowie Betriebe konsultieren uns, wenn es um touristische Produktentwicklung, Infrastrukturprojekte sowie um unsere Expertise im Tourismus insgesamt geht. Das ist ein regelmäßiger Austausch. Wir sind außerdem eng verzahnt mit den Wirtschaftsförderungen der Landkreise Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming oder der IHK Potsdam. Aktuell haben wir bereits zum zweiten Mal im Schulterschluss mit beiden Landkreisen eine Studie zum Wirtschaftsfaktor Tourismus in Auftrag gegeben. Sie soll zeigen, welche Effekte der Tourismus auf Kommunen, weitere Branchen und Einheimische in der Reiseregion hat.
Um dann mehr Chancen gemeinsam nutzen zu können?
Daniel Sebastian Menzel: Wir müssen die Region von innen heraus stärken. Die Grenzen zwischen touristischem Freizeiterleben, Naherholung, Standortfaktoren für Betriebe und Attraktivität für Arbeits- und Fachkräfte sowie Zuzug aus der Stadt auf das Land verlaufen fließend. Tourismus unterstützt Räume darin, lebenswert zu sein. Deswegen bietet der Tourismusverband Fläming e.V. den Mitgliedskommunen und ihren lokalen Tourismusanbietern beispielsweise das Format der Tourismuspotenzialanalyse an. Dadurch schaffen wir mehr und mehr Bewusstsein dafür, dass Tourismus- und Freizeitangebote gleichermaßen für Einwohnende, Besuchende und Menschen, die im Fläming arbeiten, wichtig sind.
Apropos Produkte und Angebote: Wo steht das Kreativnetzwerk FlämingSchmiede heute?
Daniel Sebastian Menzel: Das Netzwerk ist gestartet, dann kam die Pandemie – ein ungünstiger Zeitpunkt, um Menschen zusammenzubringen. In der touristischen Produktentwicklung und im Vernetzen von Betrieben braucht es persönlichen Austausch. Es war nicht einfach, aber wir haben es beispielsweise geschafft, in der Zeit das Angebotsportfolio MICE „Fläminger Art“ zu entwickeln und den Bereich der Tagungen und Veranstaltungen zu stärken. Die Förderung lief letztes Jahr aus. Das Projekt haben wir in den Verband überführt und unter Berücksichtigung der immer mehr verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit weiterentwickelt: Workation „Fläminger Art“ spricht Einzelne und Gruppen an und richtet sich an Menschen aus der Region sowie an unsere Nachbarschaft aus Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Die Angebote unterstützen branchenübergreifend Betriebe aus dem Fläming auch dabei, sich im Rahmen von New Work als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren.
Welche Ziele stehen jetzt ganz oben auf der Liste – Sprint & Marathon?
Daniel Sebastian Menzel: Wir investieren dieses Jahr unser Marketingbudget in die Mitarbeitergewinnung und -bindung für die Anbieter in unserer Reiseregion – dort liegt auf jeden Fall das Sprint-Ziel. Derzeit machen wir eine Umfrage mit Betrieben und Personal, werten aus und starten den Prozess. Ein Marathon-Ziel? Unsere Vision ist, die Kreativregion in Deutschland zu sein, die immer wieder neue, überraschende Reise- und Ausflugsanlässe schafft. Das Ziel resultiert daraus: Dass die Reiseregion Fläming mit ihrem innovativen Geist, den herzlichen Menschen und besonderen Angeboten als Kreativregion wahrgenommen wird – im Deutschlandtourismus und hier vor Ort. Hier schließt sich der Kreis wieder, denn das ist Arbeit an und mit der Marke „Der Fläming“.